Sicherheit und Toxizität
Toxizität
Die durch Vitamin-A-Toxizität entstehende Symptomatik wird als Hypervitaminose A bezeichnet. Sie wird durch übermäßigen Verzehr von vorgeformtem Vitamin A verursacht, jedoch nicht durch Carotinoide.
Vorgeformtes Vitamin A wird schnell absorbiert und langsam aus dem Körper ausgeschieden. Daher kann eine Toxizität durch Vitamin A akut durch eine hohe Einnahmedosis über kurze Zeit stammen, oder chronisch von einer geringeren Einnahmedosis (2).
Eine akute Vitamin-A-Toxizität ist relativ selten, die Symptome sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Schwindel, trockene Haut, Schuppenbildung und im schlimmsten Fall Hirnödeme. Die Anzeichen für eine chronische Toxizität beinhalten trockene juckende Haut, Schuppenbildung, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Hirnödeme und Knochen- und Gelenkschmerzen. Auch bei Säuglingen sind die Symptome einer Vitamin-A-Toxizität Ödeme im Kopfbereich, teilweise durch sichtbare Beulenbildung. Schwere Fälle von Hypervitaminose A können zu Leberschäden, Blutungen und zum Koma führen.
Im Allgemeinen treten die Anzeichen einer Vergiftung erst bei langfristiger Einnahme von Vitamin A in täglichen Dosen vom mehr als zehnfachen der Tagesdosis (8,000 bis 10,000 mcg bzw. 25,000 bis 33,000 IE täglich) auf. Weitere Forschung ist jedoch notwendig, um festzustellen, ob eine subklinische Vitamin-A-Vergiftung in bestimmten Bevölkerungsgruppen relevant sein könnte (37). Es gibt Anzeichen dafür, dass einige Bevölkerungsgruppen anfälliger für eine Vergiftung bei niedrigerer Dosierung sein könnten, einschließlich älterer Menschen, chronischer Alkoholkonsumenten und einiger Menschen mit einer genetischen Veranlagung zu hohen Cholesterinwerten (8).
Im Januar 2001 wurde von der ernährungswissenschaftlichen Abteilung des US-Instituts für Medizin (FNB) die maximale tägliche Aufnahmemenge (eine sichere Höchstdosis für eine Aufnahme von Vitamin A) bei Erwachsenen auf 3000 mcg (10.000 IE) täglich an vorgeformtem Vitamin A festgelegt (21).
Tabelle: Maximale tägliche Aufnahmemenge für Vitamin A (Retinol)
Sicherheit in der Schwangerschaft
Obwohl zur normalen fetalen Entwicklung eine ausreichende Aufnahme von Vitamin A notwendig ist, kann auch die übermässige Einnahme von Vitamin A (Retinol) während der Schwangerschaft Geburtsfehler verursachen. Keine Erhöhung des Risikos von Vitamin-A-assoziierten Fehlbildungen konnte dagegen durch Einnahmemengen von vorgeformtem Vitamin A (Retinol) durch Ergänzungen unter 3000 mcg (10000 IE) täglich beobachtet werden (21). Da eine Reihe von Lebensmitteln in den USA und anderen Ländern mit Vitamin A bereits künstlich angereichert werden, sollten schwangere Frauen aber die Einnahme von Multivitamin- oder pränatalen Ergänzungen vermeiden, die mehr als 1500 mcg (5000 IE) Vitamin A täglich liefern (38). Durch Vitamin A aus Beta-Carotin ist keine Erhöhung des Risikos von Geburtsfehlern bekannt. Die synthetischen Derivate von Retinol wie Etretinate und Isotretinoin (Accutan), sind dafür bekannt, dass sie ernste Geburtsfehler verursachen und sollten nicht während der Schwangerschaft oder während der Möglichkeit einer Schwangerschaft eingesetzt werden. Tretinoin (Retin-A), ein anderes Retinol-Derivat, wird zur äusserlichen Anwendung auf der Haut verschrieben. Aufgrund der Möglichkeit einer systemischen Aufnahme von äusserlich angewendetem Tretinoin wird auch von seiner Anwendung während der Schwangerschaft abgeraten.
Osteoporose
Können hohe Einnahmemengen an Vitamin A das Risiko für Osteoporose erhöhen?
Die Ergebnisse einiger Studien weisen darauf hin, dass die Vitamin-A-Aufnahme nicht mit nachteiligen Auswirkungen auf die Knochendichte oder das Fraktur-Risiko zusammenhängt (39-41). Allerdings deuten Ergebnisse anderer Studien darauf hin, dass potenziell die langfristige Aufnahme von vorgeformtem Vitamin A (Retinol) von mehr als 1500 mcg (5000 IE) täglich mit einem erhöhten Risiko für osteoporotische Frakturen und erniedrigter Knochendichte bei älteren Männern und Frauen zusammenhängt (42-44). Obwohl diese Aufnahmemenge ist größer als die RDA von 700-900 mcg (2300-3000 IE) täglich und als die in den meisten Nahrungsergänzungen enthaltene Menge ist, liegt sie trotzdem deutlich unter der Maximaltagesdosis von 3000 mcg (10000). Nur übermässige Mengen an vorgeformtem Vitamin A (Retinol), jedoch nicht Beta-Carotin, konnten in Zusammenhang mit negativen Auswirkungen auf die Knochengesundheit gebracht werden. Obwohl diese Beobachtungsstudien nicht den Grund für die Assoziation zwischen Retinolaufnahme und Osteoporose feststellen können, weisen begrenzte experimentelle Daten darauf hin, dass Retinol die Knochenresorption stimulieren (45) oder die Fähigkeit von Vitamin D, das Kalzium-Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, behindern könnte (46). In den USA kann eine Retinolzufuhr von täglich mehr als 5000 IE kann leichter erreicht werden, da Lebensmittel mit Vitamin A angereichert sind, wie z.B. Frühstückszerealien.
Allerdings haben am anderen Ende des Spektrums eine beträchtliche Zahl von älteren Menschen eine zu geringe Vitamin A-Zufuhr, die ebenso in Verbindung mit einer verminderten Knochendichte steht. Eine Studie mit älteren Männern und Frauen stellte fest, dass die Knochendichte bei einer Vitamin-A-Zufuhr in der Nähe des RDA optimal war (43). Bis Ergänzungen angereicherte Lebensmittel auf die aktuelle RDA für Vitamin A angepasst sind, ist es sinnvoll, Multivitaminpräparate einzunehmen, die 5000 IE Vitamin A liefern, wovon aber mindestens 50% aus Beta-Carotin stammen sollte.
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
Ein chronischer Alkoholkonsum führt zur Erschöpfung der Vitamin-A-Reserven der Leber und kann einen Beitrag zur alkoholbedingten Leberschädigung leisten (47). Allerdings ist auch die Lebertoxizität von vorgeformtem Vitamin A (Retinol) durch chronischen Alkoholkonsum erhöht. Damit verringert sich das therapeutische Fenster für die Vitamin-A-Ergänzung bei Alkoholikern, d.h. die Dosisspanne zwischen Unter- und Überdosierung wird geringer (48). Orale Kontrazeptiva (die Pille gegen Schwangerschaften), welche Östrogen und Gestagen enthalten, erhöhen die Synthese von Retinol bindendem Protein (RBP) durch die Leber, und somit die Menge an RBP-Retinol-Komplex im Blut. Ob dies den Bedarf an Vitamin A erhöht, ist noch nicht geklärt. Retinoide oder Retinoidanaloga, einschließlich Acitretin, All-Trans-Retinolsäure, Bexaroten, Etretinat und Isotretinoin (Accutan), dürfen nicht in Kombination mit Vitamin-A-Ergänzungspräparaten verwendet werden, da sie das Risiko einer Vitamin-A-Toxizität steigern können (36).
Empfohlene Einnahmemenge
Die RDA für Vitamin A (täglich 2300 IE für Frauen und 3000 IE für Männer) reicht für die Sicherstellung normaler Körperfunktionen (normale Genexpression, Immunfunktion, und normales Sehvermögen) aus. Vitamin A kann täglich bedenkenlos auch bis zu 5000 IE täglich dosiert werden, allerdings sollten sich Senioren und Menschen mit erhöhtem Risiko für Osteoporose und andere Knochenerkrankungen auf 2500 IE Vitamin A aus vorgeformtem Retinol beschränken, und weiteres Vitamin A nur in Form von Beta-Carotin und anderen Vorläufern zu such nehmen (siehe nächsten Abschnitt). Höhere Mengen an vorgeformtem Vitamin A (Retinol) als in Multivitaminpräparaten enthalten sollten wegen Gefahr einer Toxizität nicht ohne ärztliche Aufsicht eingenommen werden.
Senioren (ab 65 Jahren)
Momentan gibt es kaum Anzeichen dafür, dass sich der Bedarf an Vitamin A bei älteren Erwachsenen von dem bei jüngeren Erwachsenen unterscheidet. Darüberhinaus kann eine Vitamin-A-Toxizität bei älteren Erwachsenen bei niedrigeren Dosen als bei jüngeren Erwachsenen auftreten. Durch ein empfohlenes Multivitamin-/Multimineralpräparat kann täglich bis zu 5000 IE Retinol aufgenommen werden. In älteren Individuen wurde bereits dieser Betrag in Zusammenhang mit negativen Auswirkungen auf die Knochengesundheit gebracht. Daher ist für Senioren empfehlenswert, ein Multivitaminpräparat einzunehmen, welches nicht mehr als 2500 IE vorgeformtes Vitamin A (Retinol) liefert, und weiteres Vitamin A nur in Form von Beta-Carotin und anderen Carotinoiden. Höher dosierte Vitamin-A-Präparate sollten wegen der Gefahr chronischer Toxizität nicht ohne ärztliche Aufsicht