Therapie

Akne

Ein auf die Haut aufzutragendes Gel mit 4% Niacinamid zeigte bei Akne eine bessere therapeutische Wirkung als eine Standardbehandlung mit 1% Clindamycin-Gel (37).

Grauer Star (Katarakt)

Die Kombination von Niacin und Riboflavin führte zu einer 44%-igen Reduzierung von Katarakten (38).

Claudicatio Intermittens (Periphere arterielle Verschlusskrankheit, PAVK, „Schaufensterkrankheit“)

In Form von Inositol-Hexaniacinat konnte Niacin die Durchblutung und die zurücklegbare Gehstrecke bei Claudicatio Intermittens, der sogenannten „Schaufensterkrankheit“, verbessern, und gleichzeitig die Schmerzen vermindern (43).

Morbus Raynaud (Raynaud-Syndrom)

In Form von Inositol-Hexaniacinat kann Niacin beim Raynaud-Syndrom die peripheren Vasospasmen (Krämpfe der Blutgefäße) bei kalter Witterung lindern (44).

Schizophrenie

In einer neunjährigen Studie konnte der Verlauf und das Krankheitsbild vieler an Schizophrenie erkrankten Patienten durch eine hochdosierte Ergänzung mit Niacin verbessert werden (45).

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Herz-Kreislauf-Erkrankungen und erhöhte Cholesterinwerte

Seit 1955 ist bekannt, dass pharmakologische Dosen von Nikotinsäure, aber nicht von Nikotinamid, zu einer Senkung der Serum-Cholesterinwerte führen 1955 (22). Heutzutage wird Niacin am häufigsten zusammen mit anderen lipidsenkenden Medikamenten verschrieben. Eine randomisierte, placebokontrollierte, multizentrische Studie untersuchte die Wirkung der Nikotinsäure-Therapie (3g täglich) im Hinblick auf den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Insbesondere begleitete das Coronary Drug Project (CDP) über 8.000 Männer mit einem früheren Herzinfarkt für eine Dauer von sechs Jahren (23). Im Vergleich zur Placebo-Gruppe hatte die Gruppe, die täglich drei Gramm Nikotinsäure zu sich nahm, eine durchschnittliche Senkung des gesamten Cholesterinspiegel um 10% bei einer 26%-igen Abnahme der Triglyzeridwerte, einer 27%-igen Verringerung der Häufigkeit eines weiteren, nichttödlichen Herzinfarktes und eine 26%-ige Reduzierung zerebrovaskulärer Ereignisse (Schlaganfälle und transiente ischämische Anfälle). Obwohl die Therapie mit Nikotinsäure insgesamt nicht zu einem Rückgang der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen während der sechs Jahre, die die Studie dauerte, führte, konnten spätere Nachbeobachtungsstudien nach neun Jahren eine 10%-ige Reduzierung der Todesfälle bei einer Behandlung mit Nikotinsäure. Vier von fünf grossen Herz-Kreislauf-Studien fanden, dass Nikotinsäure in Kombination mit anderen Therapien einen statistisch signifikanten Nutzen bei Männern und Frauen zeigte (24). Die Nikotinsäure-Therapie kann den HDL-Cholesterinspiegel deutlich erhöhen und Serum-Lipoprotein-a-Konzentrationen verringern sowie kleine, dichte LDL-Partikel zu grossen, dynamischen LDL-Partikeln wandeln. Alle diese Änderungen im Profil der Blutfettwerte werden als kardioprotektiv, d.h. vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützend, angesehen.

Aufgrund der Nebenwirkungen, die bei hohen Dosen von Nikotinsäure beobachtet wurden, wurde es bis vor kurzem in Kombination mit anderen lipidsenkenden Medikamenten in niedrigeren Dosierungen verwendet (22). Eine kürzlich durchgeführte randomisierte kontrollierte Studie ergab, dass eine Kombination von Nikotinsäure (2 bis 3 g am Tag) mit einem Cholesterinsenker (Simvastatin) bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und niedrigen HDL-Spiegeln zu grösseren Vorteilen im Hinblick auf die Erhöhung des HDL-Blutspiegels und Herz-Kreislauf-Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall führte als ein Placebo (25). Allerdings schien eine antioxidative Kombination (Vitamin E, Vitamin C, Selen und Beta-Carotin) die positiven Auswirkungen der Niacin-Simvastatin-Kombination abzuschwächen (26). Die Wirkung von Niacin ist dosisabhängig (27). Eine placebokontrollierte Studie mit 39 Patienten, die Statine (Cerivastatin, Atorvastatin oder Simvastatin) einnahmen, stellte fest, dass eine sehr niedrige Dosis von Niacin (100 mg täglich) das HDL-Cholesterin nur um 2,1 mg/dl erhöhen konnte, und in der Kombination mit Simvastatin keine Auswirkungen auf LDL-Cholesterin, Gesamtcholesterin oder Triglyzeridwerte zeigte (28). Dosen von Niacin von mehr als 1 Gramm täglich werden in der Regel zur Behandlung von Hyperlipidämie genutzt. Einige Erfahrungsberichte führten zu Bedenken, dass die gleichzeitige Verwendung von Niacin und Statinen möglicherweise zu einer Myopathie führen könnte, aber klinischen Studien konnten diese Nebenwirkungen nicht bestätigen (25, 29).

Obwohl es sich bei Nikotinsäure um einen Nährstoff handelt, sollte der Gebrauch in pharmakologischen Dosierungen, die für die cholesterinsenkende Wirkung nötig sind, mit Vorsicht angegangen werden, und so, als ob es sich um ein Medikament handelt. Patienten sollten eine cholesterinsenkende Therapie mit Nikotinsäure nur unter der Aufsicht von einem qualifizierten Arzt durchführen, um die möglicherweise negativen Auswirkungen und den therapeutischen Nutzen zu maximieren.

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HIV und AIDS

Es wird vermutet, dass eine Infektion mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV), welches die Immunschwäche AIDS auslöst, auch das Risiko eines Niacinmangels erhöhen kann. Interferon-Gamma (IF-g) ist ein Zytokin von Zellen des Immunsystems, welches in Reaktion auf die Infektion mit HIV produziert wird. Die IF-g-Spiegel sind bei HIV-positiven Personen erhöht, und höhere IF-g-Spiegel könnten mit schlechteren Prognosen in Zusammenhang gebracht werden. Durch eine Aktivierung des Enzyms IDO (Indolamin-2,3-Dioxygenase) kann IF-g die Abbaurate von Tryptophan, einer Vorstufe des Niacins, erhöhen. Dadurch wird die Vermutung gestützt, dass HIV-Infektion das Risiko eines Niacinmangels erhöhen können (30). In einer kleinen, unkontrollierten Studie zeigte die Behandlung von vier HIV-positiven Personen mit 1.000 bis 1.500 mg Nikotinamid am Tag für eine Dauer von zwei Monaten zu 40% erhöhte Plasma-Tryptophanspiegel (31). Eine Beobachtungsstudie mit 281 HIV-positiven Männern stellte fest, dass eine höhere Niacinaufnahme im Zusammenhang mit einem geringeren Fortschreiten einer HIV-Infektion zu AIDS und einer verbesserten Überlebensrate steht (32).